Peter Altmaier präsentierte vorgestern überraschend 20 Vorschläge für eine Allianz von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für Klimaneutralität und Wohlstand, um das europäisch vereinbarte Ziel einer weitgehenden Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Diesem seien wir „verpflichtet“.
Einschätzung GIH
Der GIH unterstützt viele dieser Forderungen, insbesondere, dass eine Lösung parteiübergreifend gefunden werden muss. Der Klimawandel ist eine ernste, umfassende und wichtige Herausforderung, die nicht durch bei parteipolitische Zwistigkeiten zerrieben werden darf.
Daher bietet der GIH dem BMWi seine Expertise im Gebäudebereich bei der nötigen Ausarbeitung der Maßnahmen beispielsweise im Rahmen des „Klima- und Wirtschaftsrat“ (19. Vorschlag) an. Energieberater sind unabhängig und beraten neutral, technologieoffen und gewerkeübergreifend. Ziel sind immer eine hohe Ressourceneffizienz und der Einsatz – soweit möglich – Erneuerbarer Energien. Daher basieren die empfohlenen individuellen Maßnahmen – und somit auch die Meinung des GIHs – nicht auf Partikularinteressen bestimmter Wirtschaftsbereiche und Lobbygruppen.
Altmaiers 20 konkrete Vorschläge zur Stärkung von Klimaschutz und Wirtschaftskraft
- Noch vor der Bundestagswahl soll partei- und fraktionsübergreifend eine „Charta für Klimaneutrali-tät und Wirtschaftskraft“ von Bundestag und Bundesrat verbindlich beschlossen werden. Die Charta steht Ländern und Kommunen, aber auch gesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen zum Beitritt offen. Sie ist ein historischer Kompromiss zwischen Klima und Wirtschaft.
- Zur Erreichung von Generationengerechtigkeit wird in der Charta das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 festgeschrieben. Die Minderungsziele bis 2050 werden schon jetzt in konkrete Minderungsziele für jedes einzelne Jahr zwischen 2022 und 2050 aufgeteilt und festgelegt. Dabei werden die anstehenden Beschlüsse der Europäischen Union zu den Treibhausgaszielen 2030 berücksichtigt und umgesetzt.
- Das Erreichen der Klima- und Wirtschaftsziele wird als vorrangige Aufgabe festgelegt. Die Charta enthält hierzu eine „Klima-Garantie“ und eine „Wirtschafts-Garantie“. Diese verpflichtet die staatlichen Stellen, alle notwenigen und geeigneten Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele und zur Erhaltung der Wirtschaftskraft zügig zu ergreifen und umzusetzen. Dazu gehört das Prinzip, dass wettbewerblich relevante Belastungen der Wirtschaft durch Klimaschutz auszugleichen sind.
- In der Charta wird festgelegt, dass ein bestimmter Prozentsatz des Bruttoinlandsproduktes (BIP) jedes Jahr für Klimaschutz und Wirtschaftsförderung zur Verfügung steht. Die Höhe des BIP-Anteils wird so festgelegt, dass das sichere Erreichen der Klimaziele ermöglicht und die vorrangige Bedeutung von Klima und Wirtschaft erkennbar wird.
- Die öffentlichen Einrichtungen (Bund, Länder, Kommunen) werden durch die Charta verpflichtet, das Ziel der Klimaneutralität bereits bis 2035 sicher zu erreichen.
- Es wird ein öffentliches Scoreboard eingerichtet, auf dem die tatsächlich erreichten Fortschritte beim Klimaschutz für jedermann einsichtbar und abrufbar sind. Dort wird auch dargestellt, welche Unternehmen oder Organisationen sich Selbstverpflichtungen beim Erreichen von Klimaschutz auferlegt haben. Sowie diejenigen Einrichtungen und Unternehmen genannt, die das Ziel der Treibhausgasneutralität bereits erreicht haben.
- Es wird ein marktwirtschaftliches Zertifizierungssystem geschaffen, mit dem die Klimaneutralität einer Einrichtung zertifiziert werden kann, ohne dass zu hohe Kosten oder zu hoher Verwaltungsaufwand entstehen.
- Branchen und Unternehmen, die dazu bereit sind, können sich in sogenannten „Carbon Contracts for Difference“ zu einem schnelleren Transformationsprozess verpflichten, als er durch die offiziellen Klimaziele vorgegeben ist. Grundsätzlich soll gelten, dass Unterstützungen und Investitionszuschüsse höher ausfallen, je schneller der Transformationsprozess bewältigt wird.
- Zur Erreichung von Klimaneutralität benötigen Unternehmen und Wirtschaft enorme Mengen an Erneuerbarem Strom, Wärme und grünem Wasserstoff. Über einen „Matching Mechanismus“ wird sichergestellt, dass die erforderlichen Mengen zum festgelegten Transformationszeitpunkt effektiv verfügbar sind.
- Das Erreichen der Klimaziele erfolgt vorrangig durch marktwirtschaftliche Maßnahmen. Hierzu werden der europäische Emissionshandel und die nationale CO²-Bepreisung entsprechend reformiert.
- Es soll geprüft werden, inwieweit ergänzend hierzu das marktwirtschaftliche Instrument von CO²-Auktionen eingesetzt werden kann. Dabei können Unternehmen und andere Interessierte konkrete Gebote abgeben, zu welchem Preis sie eine bestimmte Menge CO² nachweisbar reduzieren können.
- Das EEG wird umfassend reformiert und an die neuen Zielsetzungen der EU angepasst und schrittweise zu einem europäischen Instrument ausgestaltet, das die Stromtransformation in ganz Europa entscheidend voranbringen kann.
- Die EEG-Umlage wird schrittweise weiter abgesenkt und langfristig verlässlich stabilisiert. Es wird sichergestellt, dass die Sozialversicherungsbeiträge langfristig nicht über 40 Prozent steigen.
- Bis Anfang 2021 soll entschieden werden, auf welche Weise Nachteile für grüne CO²-arme oder -neutrale Produkte auf dem Weltmarkt vermieden werden können. Hierzu werden die Vorteile von Grenzausgleichsmechanismen oder Ausgleichsabgaben geprüft und abgewogen.
- Gemeinsam mit der Wirtschaft soll ein neues Label „Clean Products made in Germany“ kreiert und beworben werden.
- Es wird eine parteiübergreifende bundesweite Stiftung „Klima & Wirtschaft“ eingerichtet, die auf allen Ebenen sicherstellt, dass die hohe Priorität der vorgesehenen Maßnahmen nicht gefährdet wird.
- In Deutschland soll ein „Haus der Energiewende“ errichtet werden, das eine ganzheitliche Information über das Funktionieren der Energiewende für nationale und internationale Besucher ermöglicht.
- Die Europäische Union soll eine internationale Agentur „Climate global“ gründen mit dem Ziel, erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen weltweit bekannt zu machen und umzusetzen.
- Beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ein „Klima- und Wirtschaftsrat“ angesiedelt, der die Regierung bei Fragen der Transformation berät und eigene Vorschläge unterbreiten kann.
- In Deutschland soll eine internationale „Klima-Universität“ entstehen, an der herausragende Forscher*innen und Lehrer*innen sowie Studenten*innen aus aller Welt zusammen arbeiten und lernen können.