Um die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Gaspreiskrise zu bewältigen, legte eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission Vorschläge vor. Der am 31. Oktober veröffentliche Abschlussbericht der Expertenkommission spezifiziert das im Zwischenbericht vorgeschlagene Modell der Gaspreisbremse und ergänzt Vorschläge zur Verstärkung der kurz-, mittel- und langfristigen Gaseinsparung. Darüber hinaus unterbreitet die Kommission Vorschläge zur Verbindung von kurzfristigen Maßnahmen zur Gaseinsparung mit einer langfristigen Transformationsperspektive.
Laut Kommission sei eine Doppelstrategie zur Vermeidung einer Gasmangellage sinnvoll. Diese solle sowohl Maßnahmen umfassen, welche das Gasangebot steigern, als auch Maßnahmen zur Dämpfung der Gasnachfrage. Als Maßnahmen zur Steigerung des Gasangebots soll neben den Bemühungen der gemeinsamen europäischen Gasbeschaffung, bzw. den Bemühungen zusätzliche Gasmengen verfügbar zu machen, insbesondere der Ausbau erneuerbarer Energien fokussiert und erheblich beschleunigt werden.
Die Kommission schlägt zur Nachfragesenkung konkrete Maßnahmen in drei Bereichen vor.
Der erste Bereich umfasst Maßnahmen, die zu Energieeinsparungen motivieren. Informationen zu den Einsparerfolgen sollen öffentlich verfügbar gemacht werden. Zudem sollen Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt und mit individuellem Feedback zu ihrem Verbrauch angesprochen und dadurch zur Gaseinsparung motiviert werden. Sofern sich diese schnell umsetzen lassen, können Einsparprämien für bestimmte Gruppen an Verbraucherinnen und Verbraucher eingeführt werden, um so einen zusätzlichen Anreiz für Einsparungen zu schaffen.
Der zweite Maßnahmenbereich soll Bürgerinnen und Bürger zum Energiesparen befähigen. Bürgerinnen und Bürgern soll mit einem individuellen Beratungsangebot passende Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Hierfür sollen mit einem Programm die allgemeinen Angebote zur Energieberatung, sowie die Betriebskosten- /Nebenkostenberatung und zielgruppenspezifische Energieberatung gestärkt werden. Zur Energieeinsparung in und an Gebäuden empfiehlt die Kommission Heizungstemperaturen für den Wohnbereich am Tag auf eine verbindliche Mindesttemperatur von 20 °C (Nebenräume 18 °C) und in der Nacht auf 18 °C festzusetzen. Weitere Empfehlungen sind die mögliche Absenkung der vorgehaltenen Trinkwassertemperatur sowie die Durchführung von hydraulischen Abgleichen.
Als dritten Bereich werden transformative Maßnahmen empfohlen, die sowohl kurz- als auch langfristig einen sparsameren und effizienteren Gasverbrauch ermöglichen. Folgende empfohlene Maßnahmen sollten laut Gaskommission ergriffen werden, um Anreize zur Sanierung besonders ineffizienter und gasbasierter Gebäude zu schaffen:
1. Der Bonus für serielle Sanierung sollte erhöht werden, um den Markthochlauf zu stärken.
2. Deutliche Erhöhung des Worst-Performing-Building Bonus von derzeit 5 Prozent zur Priorisierung besonderes ineffizienter und gas- und fernwärmebeheizter Gebäude.
3. Deutliche Anhebung der Fördersätze für umfassende Maßnahmen an der Gebäudehülle von derzeit 15 Prozent.
4. Deutliche Anhebung der Fördersätze für Wohnraumlüftung (zentral und dezentral) mit Wärmerückgewinnung von derzeit 15 Prozent.
5. Parallel zum europäischen Prozess sollten Energetische Mindeststandards für den Gebäudebestand (Minimum Energy Performance Standards, MEPS) erarbeitet und umgesetzt werden.
6. Schnelle Umsetzung des in der EU-Gebäuderichtlinie vorgeschlagenen „Zero-emission buildings“-Standards im Neubau.
7. Zügige Streichung von Ausnahmen bei Nachrüstpflichten im GEG und Durchsetzung der bedingten Anforderungen, speziell der Wärmedämmung anlässlich Erneuerung des Außenputzes einer bestehenden Wand.
Der weitere Bestandteil des Abschlussberichts umfasst die Empfehlungen zu einer Gas- und Wärmepreisbremse für Deutschland. Am 2. November hat die Bundesregierung im Kabinett einen Entwurf für das Soforthilfegesetz für Gas und Wärme auf den Weg gebracht. Zur Pressemitteilung des BMWK: Bundeskabinett verabschiedet Soforthilfe Dezember für Gas und Wärme (2. November 2022)
Pressemitteilung des BMWK zum Abschlussbericht der Kommission: Kommission für Gas und Wärme legt Abschlussbericht vor (31. Oktober 2022)
Kommentar des GIH
Im Abschlussbericht der Gaskommission stehen nicht nur kurzfristige Maßnahmen, sondern auch mittel- und längerfristige Maßnahmen zur Energieeffizienz. Viele angesprochene Maßnahmen sind langjährige GIH-Forderungen.
Der GIH begrüßt die Forderung der Kommission, die Energieberatung zu stärken, denn nur durch eine individuelle Beratung können den Gebäudebesitzern energetisch effiziente und wirtschaftlich sinnvoll umsetzbare Maßnahmen aufgezeigt werden. Der GIH weist aber darauf hin, dass so eine Beratung von qualifizierten Energieeffizienz-Expertinnen und Experten durchgeführt werden sollte, um eine qualitativ hochwertige und ganzheitlich betrachtete Sanierung oder Neubau durchzuführen. Energieberatungen werden derzeit und auch in Zukunft stark nachgefragt, deshalb ist es wichtig, dass erfolgreiche Absolventen der anspruchsvollen BAFA-Qualifikationsprüfung Energieberatung auch für weitere Förderprogramme zugelassen werden.
Der GIH begrüßt den Vorschlag der Kommission, die Fördersätze für Maßnahmen an der Gebäudehülle anzuheben. Denn die Förderung der Gebäudehülle sollte mit der der Gebäudetechnik (derzeit mit bis zu 25 Prozent gefördert) im Einklang stehen. Durch energetische Maßnahmen an der Gebäudehülle werden Energieverbräuche deutlich sofort, mittel- und langfristig gesenkt. Aus Sicht des GIH kann eine Umwidmung von 10 Prozent der 200 Milliarden Euro in Förderprogramme wie die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) für eine solide und zukunftssichere Finanzierung von Sanierungsvorhaben und ambitionierte Neubauvorhaben sorgen.
Neben der Gebäudehülle, ist auch die Anhebung der Fördersätze für Wohnraumlüftung (zentral und dezentral) mit Warmerückgewinnung (derzeit 15 Prozent) eine Hauptforderung des GIH, denn dies führt zu einer Aufwertung der Einzelmaßnahmen im Rahmen der BEG, die sich zu sehr auf Heizungstausch und -optimierung konzentrieren und dabei die Gefahr besteht, den ganzheitlichen Blick auf das Gebäude zu übersehen.
Der GIH unterstützt ausdrücklich die deutliche Erhöhung des Worst-Performing-Building-Bonus von derzeit fünf Prozent, um damit die energetisch schlechtesten Gebäude zu sanieren sowie die gesetzlichen Maßnahmen, zu denen die europäischen energetischen Mindeststandards für Gebäude (MEPS – Minimum Energy Performance Standards), die „Zero-emmission buildings“-Standards im Neubau gehören sowie die Streichung von Ausnahmen bei Nachrüstpflichten im GEG und die Durchsetzung der Anforderungen.